20.03.2019

Lords Of Chaos

Recht frisch ist der Film »Lords Of Chaos«, einer britisch-schwedischen Koproduktion, gedreht 2018, in die Kinos gekommen 2019. Der Streifen behandelt, in Anlehnung an das gleichnamige Buch, die Geschehnisse in der norwegischen Black Metal Szene Anfang der 1990er, rund um die Schlüsselfiguren Euronymus und Varg Vikernes.

Eine Inhaltsangabe fällt schwer, da eingschlägige Fanschichten sämtliche Ereignisse kennen, der Rest erstmal nur Bahnhof verstehen wird. Versuchen wir es trotzdem...
Mayhem-Gitarrist Øystein »Euronymus« Aarseth ist auf der Suche nach einem möglichst intensiven Sänger für seine Band und wird schließlich im schwer depressiven Per »Dead« Yngve Ohlin fündig. Sie werden Freunde und arbeiten fortan an Øysteins Vision dessen, was als True Norwegian Black Metal in die Musikgeschichte eingehen wird. Als sich Dead per Gewehrschuss in den Kopf tötet, nutzt der Gitarrist die Gunst der Stunde und macht Fotos vom Ort des Geschehens, um durch deren Verbreitung seiner Band eine dunklere Aura zu verleihen. Wenig später betritt ein gewisser Kristian Vikerenes, der ab sofort nur noch »Varg« genannt werden möchte, die Szenerie, anfangs als schüchterner Fanboy, aber mit klaren Vorstellungen von seiner Musik. Während Euronymus, der mittlerweile den sagenumwobenen Plattenladen Helvete in Oslo und ein Plattenlabel betreibt, gern von Umstrukturierung der Gesellschaft und Unterdrückung durch die Kirche fabuliert und eher aus geschäftlichen Gründen den Gehörnten anbetet, macht Einzelgänger Varg Nägel mit Köpfen und startet eine Reihe von Brandstiftungen an historischen Gotteshäusern. Der dadurch entstandene Konkurrenzkampf und zusätzlicher Streit über geschäftliche Belange ließen aus der Beziehung (Freundschaft wohl nicht) der Hauptprotagisten am Ende bittere Feindschaft werden, die bekanntermaßen darin gipfelte, das Vikernes zu Aarseths Mörder wurde...



Man sollte sich im Klaren sein, dass es sich hier um einen Spielfilm, nicht um eine Dokumentation handelt. Nun wurde genügend über die Detailgetreue sinniert und diskutiert (»based on truth and lies...«, wie es im Vorspann heißt); wie es denn nun wirklich war, das wissen nur die Beteiligten, das sollte man ausblenden. Ansonsten ist der Film gut gelungen, anfängliche Befürchtungen, sich über die Distanz von 118 Minuten einem Fremdschämmarathon auszusetzen, bleiben einem, Dank gelungenem Cast (aus deutscher Sicht passt ein Ochsenknecht nur bedingt in die Kulisse, aber prima, er hat nicht viel Text, hehe) und eines lockeren Erzählstils, erspart. Insgesamt hat man aber das Gefühl, dass die Ereignisse gut erzählt sind, und die Schicksale der Charaktere, die ja keineswegs true oder evil, sondern in die norwegische Mittelschicht geboren wurden, mit Respekt abgehandelt wurden.

Gut gelungen sind für den kleinen Gorefreund Euronymus' Albtraumsequenzen, da hat man sich Regisseur Jonas Åkerlund was einfallen lassen, ebenso bei den Kirchenbränden. Etwas mehr Black Metal im Soundrack (dafür etwas weniger Sigur Rós, aber man will ja nicht meckern) wäre sicher gut gewesen. Aber das war wohl eine Frage der Rechte. Alle, die die Materie eh schon aus dem Effeff runterbeten können, werden gut unterhalten, Leute, die Darkthrone kaum von Real Madrid unterscheiden können, lernen hier etwas über jüngere (Anti-)Popkultur, bzw. deren Anfängen.
Zum Schluss noch mein persönlicher Lieblingsommentar unter einem der zahlreichen Kommentare, die Monsieur Cachet (höhö) auf seinem YouTube-Kanal gepostet hat...: »Quick! How can we make Varg look even more insane?« - Åkerlund: »Oh! Have him drink chocolate milk while killing Euronymous!«... ;o)


Burzum »A Lost Forgotten Sad Spirit« (»Aske«, 1992)

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