Ornee, hammer da mal wieder gelitten. Aber nun ist es da, das achte Kapitel unseres digitalen Schundromans. Noch mehr Schund, wenn man der Zuneigung zwischen den Genossen O. Lafo und Sahra W. gewahr wird... ;o) Lesen Sie trotzdem!
Brigitte Bardot & Serge Gainsbourg »Bonny And Clyde« (gleichnamige Single, 1968)
Kapitel 8
Schließlich half er ihr im Stile eines echten Gentleman in den Mantel; und kurz nach Verlassen des Lokals fuhr auch schon der von ihm an der Metro bestellte Wagen mit Chauffeur vor. Perfekt, denn ein leichter Nieselregen hatte eingesetzt und es begann unangenehm kühl zu werden – auf keinen Fall ein Wetter, bei dem man gern vor einem Restaurant auf irgendetwas wartet. Aber das hatte sich ja nun erledigt.
»Zur Oper!« ließ er den Fahrer, einen drahtigen, älteren Mann mit weißem Haar und Schnauzbart, kurz und bündig wissen. Sie nickte dem Chauffeur zu, der ihr die Wagentür aufhielt; und sie genoß es, daß er sich ihretwegen so sehr in Unkosten gestürzt hatte. Sie stieg schweigend ein und ließ sich, schweigend, von ihm entführen.
Nur einmal unterbrach sie die einvernehmliche Stille. »Mein Mann ist tot. Erschossen.« flüsterte sie fast und sah ihn dabei nicht an. Er zuckte nur kurz und kaum merklich zusammen, sagte nichts und sie konnte spüren, wie es in ihm arbeitete. Eine andere Reaktion hatte sie nicht erwartet, und sie wußte nicht, warum. Oder sie wollte es nicht wissen.
Ihr Angetrauter entpuppte sich als eiskalter Rechner und skrupelloser Geschäftsmann, dem weder ihr Vater noch ihr Onkel gewachsen waren, was er aber perfekt zu verbergen verstand.
Seiner Umwelt präsentierte er sich als Gönner, Sunnyboy und guter Onkel von nebenan. In dieser Rolle ging er auf; und die Welt schätzte ihn als großzügigen Mäzen und hilfsbereiten Menschen, der für eine gute Sache all seine Beziehungen spielen ließ und der bereit zu sein schien, sein letztes Hemd dafür herzugeben, wenn es die Umstände erforderten.
Aber wehe dem Geschäftspartner, der auf ihn hereinfiel und glaubte, ihn über den Tisch ziehen zu können. Nichts haßte er so sehr, als wenn man seine Intelligenz unterschätzte und annahm, leichtes Spiel mit ihm zu haben. Dann konnte man von Glück reden, völlig mittellos in der Gosse, aber am Leben, aufzuwachen.
In einschlägigen Kreisen nannte man ihn bald »Little Big Joe Black«. Es waren einfach zu viele Menschen ums Leben gekommen, nachdem sie seinen Weg gekreuzt hatten, um noch an einen Zufall glauben zu können. Offiziell verdächtigt wurde er nie. Nur sie ahnte langsam, wer ihre Familie auf dem Gewissen hatte, wenn man in seinem Fall überhaupt von so etwas wie einem Gewissen sprechen konnte.
Überraschend erkrankte auch ihr Onkel nach ihrer Hochzeit mit Joe sehr schwer und hauchte sein Leben in einem Schweizer Sanatorium aus. Humor hatte ihr Mann, das konnte sie ihm nicht absprechen.
Die Erkenntnis, daß er dahinter stecken mußte, kam zu der Zeit, als sie schon tief in die bis heute andauernde Lethargie gefallen war. Erst war sie zutiefst gedemütigt, weil er sie nur als Spielball gesehen hatte und sie mit fliegenden Fahnen in seine Falle getappt war, dann gewöhnte sie sich an den Gedanken und fand sich damit ab.
Das Einzige, wozu sie sich noch aufraffen konnte, war, ihm eine böse Überraschung zu bereiten – für den Fall, daß sie ebenfalls nicht an Altersschwäche sterben, sondern plötzlich und unerwartet mit den Füßen voran aus einem Schweizer Sanatorium getragen werden würde. Für mehr reichte ihre Kraft nicht.
Vielleicht hoffte sie, daß die heilige Gerechtigkeit für Ordnung sorgen würde und er eine gerechte Strafe bekäme. Aber die ließ auf sich warten und ihrem Mann gelang scheinbar alles.
Unbeschadet überstand er verschiedene Bestechungsskandale, Subventionsbetrugsvorwürfe; und selbst der Makel, in der dritten Welt fleißige Kinderhände für sich arbeiten zu lassen, glitt von ihm ab, wie die Wasserperlen eines warmen Regens von einem Lotusblatt.
Dafür gab es viele Gründe. Er handelte immer sehr besonnen, schmierte selbst Gott und den Teufel, und hatte somit die öffentliche Meinung stets hinter sich. Desweiteren beschäftigte er sich nicht mit Belangen, für die die Mafia zuständig war. Dazu gehörten Prostitution, Drogen, Glücksspiel, Schutzgelderpressungen und das Baugewerbe. Mit Waffen handelte er auch nicht. Er verschenkte sie, wenn er einen Posten günstig angeboten bekam, an rivalisierende afrikanische Warlords, die IRA, die ETA oder die Mafia selbst.
Dieser offensichtlich kriminelle Geschäftsbereich war unter seinem Niveau und er belächelte die, die ihn bedienten, als wären sie geistig zurückgebliebene Kinder, die an der Errichtung einer Sandburg scheiterten.
Um eine andere Spezies, die der ehrlichen Unternehmer, die es hier und da noch gab, machte er einen großen Bogen. Vermutlich, weil er sie nicht verstand, nicht einzuschätzen vermochte und sie ihm daher suspekt erschienen.
Seine weiße Weste bekam nie ihre verdienten schwarzen Flecken. Sie würde seinen Namen rein halten, ihn in Ehren beerdigen, auf einem Schweizer Friedhof, und sich nach etwas anderem Geschäftsführenden umsehen oder den ganzen Laden meistbietend verkaufen. Das käme zwar einem Totalverlust gleich, aber dessen ungeachtet reichte ihr persönliches Barvermögen locker für drei sorgenfreie Leben.
Nein, ein Rückzug kam nicht in Frage. Schließlich war es ihr Geld, ihr Einfluß, den sie nicht der Konkurrenz in den Rachen werfen konnte. Sie brauchte dringend Verbündete, die sich mit der Materie auskannten und denen sie vertrauen konnte. Nur, wo bekam sie die jetzt her?
Es mußte schnell gehen. Den Tod ihres Mannes würde alle Welt dazu nutzen, wie die Piranhas – die Ratten der Flüsse – über seine Hinterlassenschaft herzufallen. Um Verluste würde sie nicht herumkommen, aber diese waren zu verschmerzen.
Langsam erwachte sie aus ihrer Lethargie und fühlte, wie ihre neue Aufgabe anfing, Spaß zu machen. Jetzt war sie gefordert und ihr Lebensinhalt würde zukünftig darin liegen, dem Rest der Geschäftswelt auf die habgierigen Finger zu klopfen.
Hierfür würde sie morgen ein paar Anrufe tätigen und übermorgen in die Staaten fliegen, um vor Ort zu sehen, was sie tun konnte. Eine männliche Begleitung, eine, die etwas hermachte und Eindruck hinterließ, konnte ihr dabei sehr hilfreich sein. Sie wußte auch schon, wen sie mitnehmen würde. Lächelnd glitt ihr Blick auf ihren abwesend aus dem Fenster sehenden Begleiter.
Kaum einen Gedanken widmete sie seinem Mörder. Es mußte eine Kurzschlußreaktion gewesen sein – nichts von langer Hand Geplantes. In einer Tiefgarage schoß man nicht. Der Schuß war weiter zu hören als in einem Flur oder Zimmer, die Gefahr, unverhofft mit Zeugen konfrontiert zu werden, war viel zu groß, es gab kaum einen Fluchtweg und außerdem hingen überall Überwachungskameras – ungesehen kam man da unten nicht davon.
Sie betraten das Opernhaus auf roten, wie endlose ausgestreckte Zungen wirkenden Teppichen und glitten in ihre Sitze. Gute Sicht, Balkon, gehobene Preisklasse.
Er erzählte ihr, was er an Informationen über Debussy gesammelt hatte. Er war sich nicht ganz sicher, vermutete jedoch, nein, er wußte, daß ihr Wissen über den französischen Komponisten praktisch bei Null lag, was ihm zu der Möglichkeit verhalf, den kulturbewanderten Mann von Welt heraushängen zu lassen.
»Habe ich dir schon erzählt, daß er niemals eine Schule besucht hat?« versuchte er ihr zu erklären. Sie schüttelte stumm ihren, wie er fand, sehr gut frisierten Kopf. Er schwadronierte noch etwas über die künstlerische Beziehung zwischen Ravel und Debussy, als sich der Vorhang endlich öffnete – so langsam ging ihm das Halbwissen aus.
Während des zweiten Akts bemerkte er ein leichtes Zittern der Hand, welche er seit Beginn der Vorstellung hielt. »Tut mir leid, die Sache mit deinem Mann. Sei stark!« flüsterte er ihr zu und versuchte ihre Hand zu streicheln, welche sich daraufhin verkrampfte. Eine Antwort blieb aus, sie atmete jedoch tief ein und scheinbar noch tiefer wieder aus, was er als dankbare Geste empfand.
Ramones »Pet Sematary« (»Brain Drain«, 1989)
14.11.2011
Rattenkampf, Kapitel 8
reingefruttelt von
Octapolis
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Was ich nicht begreife: Die Frau ist über 40! Von der hat der Oskar doch nicht mehr allzuviel. So bis Weihnachten vielleicht ... *g*
AntwortenLöschenIch würde das eher andersherum formulieren, was hat die attraktive junge Frau vom Oskar? Vaterersatz? Wer nie einen kannte, rennt das ganze Leben hinter den Papis dieser Welt her.
AntwortenLöschenübrigens dieser Serge ist nicht mal besonders gutausshend, aber extrem sexy......
AntwortenLöschenMeine Garstigkeit lies mir bei der Reihenfolge der Formulierung keine Wahl. Aber bei Lichte betrachtet, ist sie nur Ausdruck einer gewissen Ohnmacht gegenüber der Tatsache, daß das zwischenmenschliche Geflecht an Irrungen und Wirrungen sich auch im hohem Alter nicht erhellt und man darin – tot oder lebendig – dauerhaft gefangen bleibt.
AntwortenLöschenMerkwürdigerweise spielt bei der Partnerwahl auch bei Frauen die ihren Papa zu gut kannten, dieser trotzdem eine große Rolle. »Mein Mann ist ja genauso, wie mein Vater!« Ein schöner Satz! Immer wieder gern gehört.
So, und nun lassen wir den beiden neidlos ihren Frieden. Es gibt andere Pappnasen die den Titel Fußabtreter des Jahres verdienen.
Was hat sie von ihm? Geld vielleicht. Oder darf sie ihm mal übers Manifest streicheln. Er von ihr? Dichtes Haar! Definitiv.
AntwortenLöschenUnd olle Serge war sehr wohl ne coole Socke, auch wenn man es ihm nicht ansieht! ;o)