Vorab: Es wird heute etwas länger. Wollte es erst zerschnippeln, aber, da es im ganzen fertig war... einen Dürer schneidet man auch nicht in Streifen! ;o)
»Scheiße!« bemerkte Kevin. »Ja, scheiße!« pflichtete ihm Uwe bei. Mandy sagte gar nichts. Typisch Frau, dachten ihre beiden Mitstreiter. Zieht an ihrer Kippe und sagt einfach nichts, jeden Nachmittag dasselbe. Überhaupt war sie immer nur dabei, obwohl sie weder Kevins noch Uwes Traumtyp entsprach. Sie war deutlich zu fett für ihre vierzehn Jahre, damit auch ein ganzes Jahr jünger, als die zwei Herren und sie würde auch nie abnehmen, wenn sie weiter so viel Colabier in ihren kurzen, dicken Körper hineinkippte. Immerhin, wer schweigsam ist, wirkt umgänglich.
Kevin fand es extrem zum kotzen, dass sein Kumpel Uwe gestern vom Ordnungsamt zu einer Geldbuße von 15 Euro verdonnert wurde, nur weil er von der ihm eigenen Spielplatzbank eine Kippe in den Sand schnippste. Wahrscheinlich haben die mehr Langeweile, als wir selbst, war eine der Schlussfolgerungen. Sollen sich doch um sich selbst kümmern. Haben wohl keine Ahnung, wieviel Zigaretten und Biermischgetränke für diese horrende Summe im Discounter ausgehändigt werden!
»Hat mal jemand Feuer?« zerschnitt Mandy ihr eigenes Schweigen. »Wann lernst du endlich mal, dein eigenes Feuerzeug zu haben? Rauchen kannste ja auch... Zum ausdrücken kannste wieder kommen.« raunte ihr Kevin zu, zückte aber umgehend das Zippo, welches er seinem Vater gestohlen hatte, nachdem er es auf der Suche nach Papiergeld im elterlichen Schrank fand. »Der Spruch ist so ausgelutscht, Alter, mpfff, danke!« Mit Genuß, welcher bei Mandys Blässe ein wenig befremdlicher wirkte, als bei anderen Rauchern, sog sie den warmen Rauch in ihre Lunge. »Scheiße, Alter!« erkannte auch sie auf einmal.
Überhaupt hatte Uwe gestern nicht den besten Tag erwischt, womit er geringfügig schlechter war, als der heutige. Es ging schon damit los, das der Chef des Baumarktes, in dem er sein Praktikum machte, zur Begrüßung einen ziemlichen Affentanz aufführte. Wegen zehn Minuten Verspätung. Wie sich Uwe seine Zukunft vorstellte, so ganz ohne ein Minimum an Arbeitsmoral. Sein Vater sagte immer, wenn er wenigstens die neunte Klasse abschließen und im Baumarkt eine Lehrstelle bekommen würde, hätte er etwas solides in der Hand, könnte später Frau und Kind davon ernähren. Ob das mit der neunten Klasse so klappen wird stand noch in den Sternen und das Praktikum gestaltete sich auch eher schwierig. Wer muss schon früh um sieben in einem dieser bescheuerten Einheitspolohemden am Fliesenregal stehen und für wen? Können doch den ganzen Tag Fliesen kaufen, muss ja nicht so zeitig sein! Nun hatte ihn sein Vorgesetzter also auf dem Radar und es hagelte den ganzen Tag nichts als Sprüche. Nicht zuletzt, als Uwe heimlich zwischen Rindenmulchsäcken beim rauchen erwischt wurde. Fast wie im Knast, dachte Uwe. Dass er, während er sich am frühen Abend aus der Realität zu trinken versuchte, auch noch mit den blöden Tussis vom Ordnungsamt aneinandergeriet, garnierte diesen Tag, der sich anfühlte, wie ein misslungener Kuchen aus einer billigen Backmischung, endgültig. Gaben sich noch fürstlich, würden großzügig darüber hinweghören, dass er die eine Dame ob ihrer albernen Uniform mit »Du siehst so scheiße aus, Alter!« belegte. Selbst nach Feierabend kam er sich wie ein Gefangener vor.
Seinem Kumpel Kevin ging es da deutlich besser. Seine Alten hatten Kohle und er stand in der Schule um einiges besser da. Sollte mal im Autohaus seines Vaters mitmachen, hatte schon konkrete Pläne, welche Lackierung und Lederausstattung sein 5er BMW später einmal haben sollte. Bis vor kurzem ging er noch mit Mandy, hatte aber Schluß gemacht, weil alle sagten, sie wäre zu fett. In diesem Alter will man sich vor seinen Kumpels solche Blöße nicht geben. Das änderte nichts daran, dass sie trotzdem jeden Nachmittag in seiner Nähe verbrachte. Immerhin fand er sie halbwegs kultiviert, sie laberte nicht so viel, wie ihre Altersgenossinen, trank zwar beachtliche Mengen Colabier, benahm sich aber höchst selten daneben. Egal, wenn er irgendwann an der Spitze des väterlichen Autohauses stehen würde, würde er auch schlankere, noch kultiviertere Frauen haben können. Bis dahin waren es nur noch ein paar Jahre Spielplatz und irgendwann eine Lehre zum KFZ-Mechaniker, was aber überflüssig erschien, da er irgendwann so oder so alles erben würde, aber sein Alter wollte das so.
Mandy selbst war das alles irgendwie völlig egal. Sie hatte gerade einen mörderischen Anschiss ihrer Mutter eingesteckt. Das Bauchnabelpiercing, welches sie sich mithilfe einer Freundin und einer halben Pulle Pfeffi selbst gesetzt hatte, war eitrig geworden. Außerdem wäre es zwischen ihren Schwimmringen nicht so perfekt zur Geltung gekommen, meinte ihrer Mutter. Dabei hatte sie sie gebettelt, regelrecht angefleht, mit ihr in ein ordentliches Tattoostudio zu gehen, die bringen Piercings von Haus aus. Doch ihre Erziehungsberechtigte hatte dies ständig abgelehnt, Mandy damit praktisch gezwungen, selbst Hand anzulegen. Das Piercing war nun wieder raus, aber es brannte noch schweinisch am Bauchnabel. »Gib mal Feuer!« »Schon wieder...« pffft... »Danke, Alter!« Was führte sich Kevin immer so auf? Wusste er denn nicht, dass es das mindeste an Etikette ist, einer Dame Feuer zu geben? Warum musste sie jedesmal darum bitten? Grobiane eben...
»Ich muss dann los,« sagte Kevin. »bevor der Alte morgen früh wieder tobt.« Sein Kumpel Uwe hielt darauf die Faust vor sich, worauf Kevin mit seiner dagegenschlug. Darauf folgen noch zwei Handklatscher und irgendwas mit den Daumen, so, wie es die coolen Jungs in den Amifilmen eben gern tun. Mandy nahm einen Schluck aus ihrer Flasche, Kevin legte ihr zum Abschied die Hand auf die Schulter. Sie sagte nichts.
Mandy schaute Uwe an, Uwe schaute verlegen zu Boden. »Hast du Feuer, Alter?« »Nö. Hab doch vorgestern aufgehört mit rauchen.« »Scheiße, Alter!« sagte Mandy ung ging.
Knödel-Karl hat was dazu zu sagen... ;O)
PS: Dank denen, die nicht einschliefen, beileid denen, die sich selbst erkannten, ist natürlich nicht gewollt... ;o)
02.08.2011
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Das hast du dir doch ausgedacht.
AntwortenLöschenSowas gibt es doch nur bei RTL2;)
Aber die 9. ist schon die Härte, das sagt dir jeder. Waren das noch Zeiten.
-Minimi
das trifft´s ziemlich auf den kopf :D
AntwortenLöschenAch, warum Beileid? Wir gammelten damals fast genau so vor uns her. Abends, nachdem wir unser Schul- und Freizeitkram erledigt hatten. Das Bier holten die, die schon 16 waren mit ihren Mopeds aus einem Gasthof, der auch Flaschenbier verkaufte. Dann probten wir Platzhirsch und Balzgehabe, wollten den Weibern imponieren und die uns. Um die Zukunft machten wir uns keine Sorgen. Wir hatten gelernt, zu funktionieren und wir wußten, was im Leben wichtig ist. Abitur, Lehre, Facharbeiter oder Ingenieur, Familie, Neubauwohnung und der Trabant. *kotz* Naja, es war aber immer noch besser, als wie heute und von dir beschrieben.
AntwortenLöschenIch vergaß: Das Photo sagt alles.
AntwortenLöschenNa, dann scheint es ja eine realitätsbezogene Geschichte zu sein!
AntwortenLöschenNoch was zum Bild. Das Mädel ist eines von vielleicht 100 anderen, die an diesem Tag, im Rahmen einer Großveranstaltung, bockig auf Jeanette Biedermann (kein Scherz) warteten. Ich war auch da... aber nicht wegen Jeanette, hehe (auch kein Scherz). Das hat uns damals ziemlich amüsiert und ich wollte das Bild schon lange mal verwenden, diesmal bot sich das bestens an. Dank also auch der jungen Dame! ;o)